Neues Gesetz könnte Automobilmarkt verändern
Die Garantie verfällt, wenn das Fahrzeug in markenunabhängigen Werkstätten im Service war? Der Importeur verbietet, Neufahrzeuge mehrerer Marken zu verkaufen? Dagegen wehrt sich nun die Schweiz, mit der neuen KFZ-Verordnung. Wir erklären, was sich für Garagen dadurch verändert.
Die grossen Autohersteller und Importeure haben eine starke Position auf dem Schweizer Markt, was für die über 5000 kleineren Autohändler und Garagen oft problematisch ist. Hersteller versuchen, parallelen oder direkten Import von Fahrzeugen aus dem Ausland zu erschweren und ihren Händlern sogar zu verbieten. Einige verweigern auch Garantien für importierte Fahrzeuge oder versorgen unabhängige Werkstätten nicht mit Ersatzteilen, Diagnosegeräten und benötigten Serviceunterlagen.
Die Leidtragenden dieser Praktiken sind die Schweizer Verbraucher und KMU: Es gibt weniger Auswahlmöglichkeiten zu höheren Preisen. Die Wettbewerbskommission (WEKO) hat daher 2002 eine KFZ-Bekanntmachung herausgegeben, die zahlreiche Schutzmassnahmen für Händler und Verbraucher enthält. Allerdings wurden diese in der Praxis selten umgesetzt, da sie für Gerichte nicht verbindlich waren. Per 1. Januar 2024 wurde diese KFZ-Bekanntmachung durch den Bundesrat in eine KFZ-Verordnung für alle Behörden und Gerichte überführt und ist daher nun verbindlich. Natürlich ergeben sich für Markengaragen dadurch auch einige Nachteile, da ihr Markenlabel weniger geschützt ist, doch gesamtheitlich betrachtet glauben wir an eine positive Entwicklung für die Automobilbranche. Was verändert die Verordnung nun konkret?
Garantie- und Werkstattleistungen werden markenunabhängiger
Bisher war es bei vielen Marken üblich, dass offizielle Servicepartner Zugang zu Informationen und Geräten haben, die unabhängige Werkstätten nicht erhalten. So verschafften Importeure ihren Servicepartnern Vorteile bei der Kundengewinnung. Neu sind sie gezwungen, benötigte technische Informationen und Geräte allen Werkstätten zur Verfügung zu stellen. Dies beinhaltet:
- elektronische Kontroll- und Diagnosesysteme und deren Programmierung gemäss den Standardverfahren des Herstellers;
- Servicehandbücher und elektronische Servicehefte;
- Instandsetzungs- und Wartungsanleitungen;
- Informationen über Bauteile, Diagnose- und Wartungsgeräte (z. B. untere und obere Grenzwerte für Messungen) sowie über sonstige Ausrüstungen;
- Schaltpläne;
- Fehlercodes des Diagnosesystems (einschliesslich herstellerspezifischer Codes);
- die für den Fahrzeugtyp geltende Kennnummer der Softwarekalibrierung;
- Informationen über Datenspeicherung und bidirektionale Kontroll- und Prüfdaten;
- moderne Fahrerassistenzsysteme und Batteriemanagementsysteme von Elektrofahrzeugen;
- Ersatzteilnummern und deren Aktivierungscodes.
Zudem ist es nicht mehr gestattet, die Garantie eines Fahrzeuges davon abhängig zu machen, dass die Endkunden nicht unter die Garantie fallende Reparaturen nur bei Markengaragen ausführen lassen oder nur Ersatzteile mit Markenzeichen des Herstellers verwendet wurden. Die Garantieleistungen selbst müssen noch immer bei den offiziellen Servicepartnern und mit Originalteilen erfolgen. Aber neu müssen auch alle Fahrzeuge aus anderen Ländern, welche direkt importiert wurden, zu Garantieleistungen berechtigt sein.
Mehrere Marken im Showroom nun zwingend erlaubt
Die Verpflichtung eines Markenhändlers, Autos oder Ersatzteile konkurrierender Marken nicht zu verkaufen oder Werkstattleistungen für Fahrzeuge anderer Marken nicht zu erbringen, gilt ab sofort als schwerwiegende Beeinträchtigung des Wettbewerbs und ist strafbar. Der Importeur kann nach wie vor festlegen, wie der Showroom eingerichtet sein und wie viele Quadratmeter er beinhalten muss – hat es jedoch daneben im gleichen Raum noch freien Platz, können dort auch Fahrzeuge anderer Marken ausgestellt werden.
Was heisst das nun für den Alltag einer Garage?
Natürlich bewirkt ein neues Gesetz nicht, dass sich von heute auf morgen alles verändert – es braucht in den nächsten Monaten auch Betriebe, die diese Rechte einfordern. Doch nun ist endlich eine gesetzliche Grundlage da, die dies ermöglicht – sowohl für markenunabhängige Garagen wie auch für Markenhändler. Wenn Sie ein Markenhändler sind und die kleine Garage nebenan entscheidet, ab sofort auch für Ihre Marke einen Service anzubieten, wird sie nicht mehr durch fehlende Diagnosegeräte davon abgehalten. Somit wächst Ihre Zahl an potenziellen Mitbewerbern und der Preisdruck steigt, das heisst, sie müssen neue Strategien zur Kundengewinnung entwickeln.
Doch auch für Markengaragen bietet die neue Verordnung Vorteile: Haben Sie eine Marke, die Sie eigentlich schon längst aus dem Verkauf abstossen, in der Werkstatt aber behalten möchten? Lässt Ihr Importeur dies nicht zu? Nun haben Sie zwei Möglichkeiten: Eigentlich ist auch die Kopplung von Service- und Verkaufsverträgen ab sofort nicht mehr gestattet, wobei hier nicht ganz eindeutig ist, wie ein Gericht darüber entscheiden würde. Deshalb ist die sicherere Variante, auch den Servicevertrag offiziell zu künden, aber alle technischen Informationen und Geräte zu erwerben, um ausgenommen der Garantieleistungen alle Kunden und ihre Fahrzeuge weiterhin umfassend betreuen zu können.
Sind auch Sie mit den Vorgaben Ihres Importeurs nicht zufrieden, wissen aber nicht, ob sich etwas tun lässt? Oder möchten Sie einfach sonst mehr über dieses neue Gesetz erfahren? Wir sind kostenlos und unverbindlich für einen Austausch da! Jetzt Kontakt aufnehmen: